Im Jahr 1910 war Gustav Mahler als Komponist und Dirigent weltberühmt und in New York tätig. Für sein viermonatiges Engagement wurde er geradezu fürstlich entlohnt und trotz seiner internationalen Karriere war es für ihn klar, dass sein Lebensmittelpunkt, vor allem im Alter, in Österreich sein sollte. Im November desselben Jahres verwirklichte Mahler, gemeinsam mit seinem Schwiegervater einen schon langen gehegten Plan. Man machte sich auf die Suche nach einem Grundstück, auf dem später ein Alterssitz gebaut werden sollte. Fündig wurde man schon bald, etwa eine Stunde von Wien entfernt, in der Nähe von Gloggnitz. Am Hang des Kreuzberges, jenem Bergrücken, der von Gloggnitz in Richtung Rax verläuft, und an dessen Osthang das Schloss Gloggnitz liegt, wurde etwas außerhalb der Gemeinde Breitenstein ein Grundstück gefunden, das den Vorstellungen Gustav Mahlers entsprach. Er war sich sicher, das war die Luft für ihn. Um die, für die damalige Zeit, immense Summe von 40.000 Kronen erwarb der Komponist den Grund, von dem aus man einen herrlichen Ausblick auf Rax und Schneeberg hatte und der trotzdem in nur einer Stunde von Wien aus zu erreichen war. Hier sollte sein Alterssitz entstehen. Doch das Schicksal wollte es anders: bereits 1911 verstarb Gustav Mahler und sollte den Bau seiner Villa nicht mehr erleben.
Doch die Villa Mahler existiert noch heute. 1913, zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes, begann seine Witwe Alma mit dem Bau eines Ferienhauses. Nach der Fertigstellung 1914 diente dieses der Familie bis 1938 als zweiter Wohnsitz. Gemeinsam mit Alma Werfel lebten dort Oskar Kokoschka, der über dem Kamin ein Fresko anfertigte, das leider verlorengegangen ist, Walter Gropius und Franz Werfel, der in der Villa seinen Roman „Verdi“ verfasste.
Im Jahre 1923, zwölf Jahre nach Gustav Mahlers Tod, kehrte auch dieser gewissermaßen in seinen Alterssitz zurück. Alma Mahler war eine tüchtige Geschäftsfrau. Zwölf Jahre lang hatte sie, auf Rat von Bruno Walter, die bislang unveröffentlichte 10. Sinfonie ihres Mannes vor der Öffentlichkeit verborgen. Doch es war klar, dass 10 Sinfonien in den Konzertprogrammen mehr einbringen würden als neun. Somit erhielt Ernst Krenek, der Ehemann von Anna Mahler, den Auftrag, aus dem Fragment eine in sich abgeschlossene Sinfonie zu erarbeiten. Anna Mahler und Ernst Krenek befanden sich für das Sommerhalbjahr in der Villa Mahler und ebendort machte sich der junge Komponist an die Arbeit. Die Sinfonie sollte ursprünglich 5 Sätze haben. Krenek entschied jedoch, dass er nur den ersten und dritten Satz, „Adagio“ und „Purgatorio“ editieren könne. Die restlichen würde er nicht anrühren. Er hätte es als schamlose Barbarei empfunden, die leidenschaftlichen Notizen eines sterbenden Genies zu orchestrieren. Auch wenn es sich daher nur um eine unvollendete Sinfonie handelt, so ist diese doch an jenem, von Gustav Mahler selbst für seinen Alterssitz ausgewählten Ort, der Villa Mahler am Kreuzberg bei Gloggnitz, fertiggestellt worden.
Handelt es sich bei der Villa Mahler in der Nähe von Gloggnitz um Mahlers Alterssitz, so spielte die Region Wörthersee in seinem kompositorischen Schaffen eine große Rolle. Mit der Capella Mahleriana steht „moz art Gloggnitz“ und dem „WoertherSee Classics Festival“ ein eigenes Festivalorchester zur Verfügung, das den Bogen von Klagenfurt nach Gloggnitz und somit von Mahlers Komponierhäuschen in Maiernigg zur Villa Mahler am Kreuzberg, jenen für Gustav Mahlers Leben und Schaffen so wesentlichen Orten, spannt. Unter der Leitung von Alexei Kornienko, dem Gründer der Capella Mahleriana und künstlerischem Leiter des WoertherSee Classics Festival wird das Orchester ab dem Jahr 2023 als „moz art Gloggnitz“ Orchester zu einem fixen Programmpunkt in Gloggnitz werden. Initiiert von Johannes Kropfitsch, dem künstlerischen Leiter von „moz art Gloggnitz“ wird das Orchester jene berühmten Werke interpretieren, die einen Bezug zur Region Gloggnitz und den dort wirkenden Komponist:innen und Künstler:innen haben.
Johannes Kropfitsch, künstlerischer Leiter moz art Gloggnitz